Die Jahrhunderte alte Almwirtschaft ist Landwirtschaft und Tierhaltung mit gealpten Tieren. Der Ursprung der Almwirtschaft ist auf grundlegende wirtschaftliche und praktische Gründe zurückzuführen. In den Alpen und Voralpen war Vieh, vor allem Kühe, die Haupteinnahmequelle, und je mehr Tiere ein Landwirt halten konnte, desto besser waren die finanziellen Möglichkeiten für die Familie.
Eng mit dem wirtschaftlichen Aspekt verbunden war die Heuernte, die in den Dörfern von Juni bis September dauerte und bei der die Menschen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeiteten. Für einen Stall voller Vieh, das versorgt werden musste, waren rund vier Stunden Arbeit täglich erforderlich, die dann bei der Heuernte fehlten. Wenn eine solche feste Aufgabe wegfällt, ist es nur offensichtlich, dass man sich besser auf die Heuernte und -menge konzentrieren konnte, die für die Versorgung der Tiere bei ihrer Rückkehr in die Ställe am Ende der Alpungsperiode notwendig war.
Auch nach den großen gesellschaftlichen Veränderungen dieser letzten Jahrzehnte gelten die Beweggründe, die Ursprung der Almwirtschaft sind, immer noch, auch wenn es heute keine sehr kleinen Familienbetriebe mehr gibt, sondern große Tierzuchtbetriebe, die mit modernsten betriebswirtschaftlichen Techniken geführt werden.
Vom 13. Juni, dem Tag des heiligen Antonius, bis zum 8. September, dem Fest von Mariä Geburt, sind die Almen von Kühen, Schafen und Ziegen bevölkert, die diskret mit den natürlichen Nutzern der Alpenweiden wie Gämsen, Rehen, Hirschen, Hasen und Murmeltieren zusammenleben, um nur die bekanntesten zu nennen.
Nähern wir uns nun der Alm, diesem Sommerhaus, das einige Kinder „Ferienhaus der Kühe“ nennen, und lernen sie von Nahem kennen. Eine Alm besteht aus vier Elementen: der Weide, der Tränke oder Almtümpel (pòzze da l’àge), dem Stall/den Ställen und der Almhütte. Von diesen vier Elemente sind die Weide (passòn) und das Wasser am wichtigsten, denn die Lage, Grasqualität und die Größe der Weide und das lebenswichtige Vorhandensein von Wasser sind für die Möglichkeit eines „Aufenthalts“ der Kühe, für ihre Anzahl und generell für die Lebensqualität entscheidend. Der Stall (lògè), oder besser gesagt die Ställe, denn selten gibt es nur einen, sind Bauten aus Mauerwerk, deren Dach früher aus in Längsrichtung verlegten Lärchenholzbrettern (scjàndule) bestand. Die Kühe finden hier Schutz und können ruhen.
Die Almhütte (casérè) ist ein gemauerter Bau, der an ein normales Haus erinnert und in der Nähe der Tierunterstände steht. Oft bilden sie zusammen einen Kreis oder eine andere geometrische Form, die durch die Anordnung der vorhandenen Ställe bedingt oder ermöglich wird, die ihrerseits entsprechend der Beschaffenheit des Geländes, auf dem sie stehen, angeordnet sind. Die traditionelle Almhütte gibt es heute nur noch selten in der Region; es ist ein spartanischer Bau, der sich auf das Wesentliche für das Leben der Menschen und die Milchverarbeitung beschränkt. Im Erdgeschoss befinden sich zwei Räume: eine Küche/Aufenthaltsraum für das Personal und für den kompletten Zyklus der Milchverarbeitung und ein kleinerer Raum für die Käselagerung/-reifung (célaar).
Der Fußboden ist aus Stein, der Mittelpunkt ist die offene Feuerstelle, an der oft nicht nur der Ricotta auf einem Gitterrost (sécjaròle) geräuchert wird, sondern auch die Menschen, die sich dort aufhalten. Es gibt keine Decke, und der Rauch zieht durch ein Loch im Dach ab, das durch eine Überdachung geschützt wird. In einer Ecke führt eine Treppe ins Obergeschoss, wo auf einem Holzboden oberhalb des Käsereifungsraums ein Hängeboden als Schlafraum für die Nachtruhe genutzt wird. Heute sind fast alle Almhütten der bewirtschafteten Almen zu „zivilen Wohnungen“ für das Almpersonal umgebaut worden, die die heutigen Hygienevorschriften für die Milchverarbeitung erfüllen.
Wie überall in den Alpen hat die Almwirtschaft auch in den Alpen und Voralpen in Friaul Julisch Venetien eine Jahrhunderte alte Geschichte mit eigenen Abläufen, Rhythmen und Gebräuchen, die von jeder Generation an die nachfolgende überliefert wurden. Historisch gesehen gibt es eindeutige Zeugnisse aus der Zeit des Patriarchats von Aquileia (1077-1420). Besondere Bedeutung kommt der Bewilligung zu, die Patriarch Raimund von Thurn den Bewohnern Karniens im Jahr 1275 erteilte, die bis dato als Wiesen und Weiden genutzten Böden gegen Entrichtung eines Zehnten als Ackerland zu bestellen.
Die am bequemsten zu erreichenden Ländereien wurden sofort möglichst umfassend in Ackerland umgewandelt, um damit den steigenden Nahrungsmittelbedarf der Bevölkerung zu decken. Der damit einhergehende Verlust an Weideflächen führte dazu, dass nach Ersatzweiden gesucht wurde, weshalb die Bergweiden durch Abholzung vergrößert wurden. Auf den in wenigen Stunden zu Fuß erreichbaren Weiden wurden Ställe (stàli) für die Unterbringung des Viehs im Sommer errichtet, womit eine Mischung aus Heuernte und Weidewirtschaft betrieben wurde: Die Tiere wurden im Juni auf die Alm getrieben und ernährten sich auf den fernen Weiden, während die bequem zu erreichende, nahe Wiese gemäht wurde und damit die Heureserve für den Winter bildete. In weiterer Ferne und Höhe entstanden die Almen. Nach dem Niedergang des Patriarchats wurde unter venezianischer Herrschaft (1420-1797) die Weidenutzung geregelt, und es wurden Verbote für Schafe und Ziegen verhängt, vor allem um die Buchenwälder zu schützen, deren Holz für die Bedürfnisse des venezianischen Arsenals wichtig war.
In der kurzen Zeit der napoleonischen Herrschaft (1797-1814) entstanden die Gemeinden, aber für die alpinen Gebiete gab es keine Neuerungen. Unter Österreich-Ungarn (1814-1866) wurde die Nutzung der Weiden und Wälder immer stärker geregelt, und die Gemeinden, die von den Patriarchen die Almen geschenkt bekommen hatten, verkauften einige Besitztümer an Privatleute, wobei der Erlös für öffentliche Bauwerke zum Nutzen der eigenen Dorfgemeinschaft genutzt wurde. In dieser Zeit kam der Erfassung der Almweiden eine beachtliche Bedeutung zu, und die Tatsache, dass ihnen ein Ertrag zugewiesen wurde, der steuerrechtlich höher war als der der Weiden in Dorfnähe und im Tal zeigt, welche Bedeutung die Almen für die Habsburger Verwaltung hatten. 1866 kam das Friaul zum Königreich Italien, und die Gesetze aus dem späten 19. Jahrhundert begünstigten die Wälder zum Nachteil der Weiden, aber ein Großteil der Almen hat wegen ihrer Lage oft oberhalb der Baumgrenze nicht darunter gelitten.
In den vergangenen Jahrzehnten haben die Umstrukturierung der alpinen Viehzuchtsysteme, wie die Konzentration der Betriebe an günstigeren Standorten, die zunehmende Betriebsgröße, die genetische Verbesserung der Zuchttiere und der umfassende Gebrauch außerbetrieblicher Futtermittel zur Unterbeweidung und oft sogar zur Aufgabe der Wiesen und Weiden geführt.
Diese negativen Folgen waren in Friaul Julisch Venetien besonders stark zu spüren, wo die Berggebiete über 40 % der Regionalfläche ausmachen und sozioökonomisch im Vergleich zu den meisten anderen Alpengebieten schlechter dastehen. Zu Beginn des Jahrhunderts wurden in Friaul Julisch Venetien rund 350 aktive Almen gezählt, und die Zahl blieb bis zur Nachkriegszeit hoch, als in Folge der zunehmenden Industrialisierung und des Wachstums des Dienstleistungssektors ein schneller Rückgang verzeichnet wurde.
Für ein richtiges Verständnis dieser Daten, die an einen regelrechten Einbruch denken lassen, muss berücksichtigt werden, dass in der jüngsten Vergangenheit einige Almen zu einem einzigen Wirtschaftsbetrieb zusammengelegt wurden, d. h. es gibt weniger, aber dafür größere Betriebe.
Der Modernisierungsprozess der Almen führte zu strukturellen und hygienetechnischen Anpassungen der Wohn- und Arbeitsräume und zum Ausbau der Zufahrts- und Verbindungsstraßen der Almen, was gleichzeitig den Tourismus förderte. In den 1990er Jahren wurden mehrere Almen umgebaut, auch um ein ergänzendes Gastgewerbe mit Unterkünften und Gaststätten zu fördern.
Eine Alm ist ein landwirtschaftlicher Saisonbetrieb in den Bergen. Wie jeder Betrieb in den Hügeln oder im Flachland hat er Personal, das im Betrieb arbeitet, wobei jeder Mitarbeiter klar definierte Aufgaben hat. Im Mittelpunkt steht der Almbewirtschafter, der als Eigentümer oder Pächter der Leiter des „Almbetriebs“ ist, für dessen Führung er immer und in jedem Fall verantwortlich ist, angefangen vom Hüten und von der Pflege der ihm anvertrauten Tiere bis zur Weidebewirtschaftung, der Strukturierung des Arbeitstags und der Koordinierung von Personal, Tieren und Material. Normalerweise bestehen seine praktischen Aufgaben in der Milchverarbeitung und in der Pflege der Küche. An seiner Seite sind seine Mitarbeiter tätig, die Hirten, die ihrem Alter und ihrer Erfahrung entsprechend spezialisiert sind.